Biofeedback
Der Grossteil physiologischer Zustände und Regulationsprozesse läuft unbewusst bzw. ohne direkte Wahrnehmung ab. Wir spüren nicht den Blutdruck, nicht die feinen Änderungen der Pulsfrequenz und auch nicht Änderungen elektrischer Zustände unseres Hirns. Gesteuert werden all diese Grössen durch Regelkreise, in denen das vegetative Nervensystem eine wesentliche Rolle spielt. Das periphere vegetative Nervensystem befindet sich seinerseits mit Zentren im Hirn in einem Regelkreis. Fehlregulationen können zu innerer Unruhe, Unwohlsein, Schmerzen oder indirekt z.B. über einen hohen Blutdruck zu Herzschäden führen.
Beim Biofeedback werden mit technischen Methoden solche physiologische Grössen der bewussten Sinneswahrnehmung zugänglich gemacht. Die bewusste Wahrnehmung wiederum ermöglicht dann, dass die Beeinflussung z.B. der Herzfrequenz trainiert werden kann. Es geht also darum, bewusst Regelkreise bzw. deren Imbalancen zu modulieren. Das Erlernen der bewussten Kontrolle physiologischer Prozesse (und damit des vegetativen Nervensystems) kann in der Therapie von z.B. Anspannungszuständen bei Ängsten aber auch zum Peak-Performance-Training eingesetzt werden.
Verschiedene physiologische Grössen können gemessen und damit verschiedene Regelkreise einem Biofeedbacktraining nicht-invasiv zugänglich gemacht werden:
Blutdruck und Pulsvariabilität
Hauttemperatur und Hautwiderstand
Muskelspannung
Hirnstöme
Dem Patienten werden diese Messgrössen dann durch Töne oder Visualisierungen auf einem Bildschirm zurückgemeldet (Feedback!) und damit bewusst gemacht. Aufgrund dieser Rückkopplungen kann dann durch operantes Lernen eine Verbesserung der Regulation des jeweiligen physiologischen Systems erreicht werden. Durch wiederholtes Training kann dann zudem erreicht werden, dass die Einflussnahme auf das vegetative Nervensystem auch ohne technische Unterstützung gelingt und somit z.B. Entspannung in konkreten schwierigen Situationen „abgerufen“ werden kann.
Typische Beschwerden, in denen Biofeedback eingesetzte werden kann, sind:
Stressmanagement, Angst- und Panikstörungen, Depressionen
Migräne, Spannungskopfschmerzen, hoher Blutdruck, psychosomatische Beschwerden
Konzentrationsstörungen und ADHS
Peak-Performance-Training
Werden Hirnströme für das Feedback verwendet und somit direkt auf Zustände des Hirns Einfluss genommen, spricht man von Neurofeedback. Werden hingegen physiologische Parameter wie Muskelspannung, Herzfrequenz etc. verwendet, spricht man peripherem Biofeedback. Einfluss wird dabei auf das vegetative Nervensystem genommen.
Weiter kann Biofeedback gut mit anderen Methoden wie dem autogenen Training oder der progressiven Muskelentspannung kombiniert werden.
Ausgewählte Literatur:
Haus, KM: Praxisbuch Biofeedback und Neurofeedback. 2. Auflage. Springer, Berlin Heidelberg 2016.
Winfried Rief, Niels Birbaumer (Hrsg.): Biofeedback. Grundlagen, Indikationen, Kommunikation, Vorgehen. 3., vollst. überarb. und erw. Auflage. Schattauer, Stuttgart 2011.
Evers, S., May, A., Fritsche, G., Kropp, P., Lampl, C., Limmroth, V., ... & Diener, H. C. (2008). Leitlinie der Deutschen Migräne- und Kopfschmerz-gesellschaft und der Deutschen Gesellschaft für Neurologie. Nervenheilkunde, 27, 933-949.
Martijn Arns, Sabine de Ridder, Ute Strehl, Marinus Breteler, Anton Coenen: Efficacy of neurofeedback treatment in ADHD: the effects on inattention, impulsivity and hyperactivity: a meta-analysis. In: Clinical EEG and neuroscience. Band 40, Nr. 3, 1. Juli 2009, S. 180–189,
Marianna Munafò, Elisabetta Patron, Daniela Palomba: Improving Managers’ Psychophysical Well-Being: Effectiveness of Respiratory Sinus Arrhythmia Biofeedback. In: Applied Psychophysiology and Biofeedback. Band 41, Nr. 2, 1. Juni 2016, S. 129–139
Sergio Jiménez Morgan, José Arturo Molina Mora: Effect of Heart Rate Variability Biofeedback on Sport Performance, a Systematic Review. In: Applied Psychophysiology and Biofeedback. Band 42, Nr. 3, 1. September 2017.
Robert Sielski, Winfried Rief, Julia Anna Glombiewski: Efficacy of Biofeedback in Chronic back Pain: a Meta-Analysis. In: International Journal of Behavioral Medicine. Band 24, Nr. 1, 1. Februar 2017.